Julia Görlitz, IG Metall Vorstand Bild vergrößern

© Julia Görlitz

Herausforderung und Mission: Die Arbeitswelt von morgen miteinander gestalten

Der Einsatz neuer Technologien hat die Industrie 4.0 in Deutschland geschaffen und damit die bestehende Arbeitswelt bereits nachhaltig verändert. Neue Technologien eröffnen neue Möglichkeiten wie neue Geschäftsmodelle oder –beziehungen und Produktionswege. KI und Robotik sind im Einsatz – gemeinsam mit Menschen. So benötigt der technologische Wandel schnellere und flexiblere Reaktionen im Betrieb; Arbeitsabläufe müssen neu gedacht werden, während neue, agile Formen des Arbeitens entstehen. Einen Pauschalansatz für die benötigten Anpassungen an den Wandel gibt es nicht.


All diese Veränderungen finden nun vor dem Hintergrund einer einmaligen, anhaltenden und globalen Pandemie statt. Im Jahr 2020 hat das Coronavirus bestehende Spaltungen und Umbrüche in der industriellen Arbeitswelt verschärft und beschleunigt, wie letztes Jahr in kurzen Online-Meldungen abgebildet wurde. Der Bedarf an digitalen Lerngeräten und Weiterbildungsmaßnahmen für alle Beschäftigte in der Produktion wird dringend. Zeitgleich werden die verbleibenden Zweifel über die Notwendigkeit von flexiblen Arbeitsformen und Home-Office seitens Führungskreise allmählich ausgeräumt.


Die Arbeitsgruppe hat sich zum Ziel gesetzt, als Vordenkerin einer zukünftigen Arbeitswelt mit Interessierten ins Gespräch zu kommen, um Wissen und Erfahrungen gemeinsam weiterzudenken und Impulse zu geben. Dabei hat die Gruppe stets den Menschen und seine Bedürfnisse immer im Blick: „Den Menschen muss man als Erstes sehen, und dann die Technik“.

Der Übergang in eine vernetzte Industrie und eine gute Arbeitswelt von morgen kann nämlich nur gelingen, wenn alle Beteiligte in den Veränderungsprozess einbezogen werden. Die Arbeitsgruppe leistet hierzu einen wichtigen Beitrag und bringt dafür Bildungsverantwortliche aus den Unternehmensführungen und Betriebsräten zusammen, um ihr Wissen miteinander zu teilen, Interessierte auf dem Weg der digitalen Transformationen zu inspirieren und Mut zu machen.
Derzeit liegt der Fokus der Arbeitsgruppe auf die „Charta für Arbeiten und Lernen in der Industrie 4.0“ sowie die Themen „Weiterbildung“ und „Agiles Arbeiten“. Hierfür wurden drei Unterarbeitsgruppen gebildet.

Schwerpunkt 1: Charta für Lernen und Arbeiten in der Industrie 4.0

Für welche Werte steht die Arbeitsgruppe „Arbeit, Aus- und Weiterbildung“? Mit welcher Haltung möchte sie die Zukunft der Arbeit und Bildung gestalten? Um diese Fragen zu beantworten und ihr Selbstverständnis als sozialpartnerschaftliche Arbeitsgruppe öffentlich darzustellen, hat eine Unterarbeitsgruppe im Jahr 2020 die „Charta für Lernen und Arbeiten in der Industrie“ ausgearbeitet.

Die Charta besteht aus vier kurz und prägnanten Aussagen, welche auf den drei Säulen Mensch, Organisation und Technik beruhen. In einem iterativen Entwicklungsprozess wurden Entwurfe der Charta mit dem Experten-Netzwerk der AG5 geteilt, um Feedback einzuholen und möglichst viele Blickwinkel einzubeziehen.

Die Charta enthält keine politischen Anforderungen. Vielmehr versteht sie sich als normative, konsensbasierte Grundlage für zukünftige Diskussionen zu den großen, gesellschaftlichen Fragen der digitalisierten Industrie.

Schwerpunkt 2: Weiterbildung

Was für neue Anforderungen entstehen derzeit in der beruflichen Weiterqualifizierung? Wie können Unternehmen eine stärkere Lernkultur fördern? Wie lässt sich gute digitale Weiterbildung in Zeiten von Corona gestalten? Diese Fragen stellt die Unterarbeitsgruppe Weiterbildung.

Expertenimpulse, Praxisbeispiele und das Teilen von eigenen Erfahrungen sind der Fokus einer aktuellen Reihe von Web-Seminaren, die den Austausch voranbringt. Zuschauer haben die Möglichkeit, Fragen zu stellen, ihre Erfahrungen zu teilen und nützliche Tipps und Tricks zu schnappen. In der ersten Folge haben Bildungsverantwortliche der Industrieunternehmen Phoenix Contact und Daimler sowie des Traininganbieter Festo Didactic ihre Erfahrungen mit den Vorteilen und Stolpersteinen der digitalen Weiterbildung in den ersten Monaten der Pandemie diskutiert.

Die lebendige Diskussion folgt dem Impulspapier der Unterarbeitsgruppe Für eine zukunftsfähige Lernkultur im Unternehmen. Botschaften des Impulspapiers werden von den Fachexperten und Sozialpartner in zukünftigen Web-Seminaren für die Fachcommunity der Industrie 4.0 sowie für die breitere Öffentlichkeit analysiert und anhand von Praxisbeispielen lebensnah präsentiert.

Schwerpunkt 3: Agiles Arbeiten

Agiles Arbeiten rückt den Menschen in den Mittelpunkt der Organisationsgestaltung. So werden den individuellen Bedürfnissen der Beschäftigten stärker gerecht. Gleichzeitig erhöht agiles Arbeiten die Anpassungs- und Lieferfähigkeit von Organisationen – durch Selbstorganisation, interdisziplinäre Teams, iterative Verbesserung sowie eine offenere und respektvolle Feedbackkultur.

Nachdem die Unterarbeitsgruppe im Jahr 2019 die Bedeutung von Agilität im Rahmen des Impulspapiers Agiles Arbeiten erklärt hat und „Lust“ auf die Methodik gemacht hat, möchte sie nun zeigen, wie Agilität in Deutschland tatsächlich umgesetzt und gelebt wird, welche guten konkreten Beispiele, welche Herausforderungen und welche unterschiedlichen Perspektiven es gibt. Aus den Herausforderungen, die nicht alleine auf betrieblicher Ebene gelöst werden können, strebt die Arbeitsgruppe auch die Entwicklung von politischen Forderungen an.

Diese Einblicke gewinnt die Unterarbeitsgruppe aus ihrem eigenen Teilnehmendenkreis durch eine Reihe von „3x3x3-Interviews“: Alle drei Monate werden drei Fragestellungen an drei Unternehmen gestellt und jeweils drei Perspektiven eingeholt – Arbeitnehmervertreter, Arbeitgebervertreter und die eines Mitarbeiters, der operativ agil arbeitet. Die Erkenntnisse und Learnings dieser Interview-Reihe möchte die Arbeitsgruppe mundgerecht und schmackhaft durch eine Reihe von multimedialen Formaten vorstellen, um den öffentlichen Austausch zu Agilität voranzutreiben.