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Dr. Hans-Jürgen Schlinkert, Leiter der Arbeitsgruppe „Rechtliche Rahmenbedingungen“

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Herausforderung und Mission: Das Recht muss Schritt halten

Industrie 4.0-Anwendungen verändern zunehmend Geschäftsprozesse und -modelle. Die Veränderungen bedeuten für viele Unternehmen neue Herausforderungen: Wie wende ich das aktuelle Recht auch morgen auf meine digitalisierte Produktion an?


Unklarheiten bei der Vertragsfindung, beim kartellrechtlichen Verhalten, bei der (kollaborativen) Nutzung von Daten, insbesondere von personenbezogenen Daten, und Haftung stellen Unternehmen vor die Aufgabe einer rechtssicheren Umsetzung.


Die Arbeitsgruppe „Rechtliche Rahmenbedingungen“ zeigt auf, wo das deutsche und europäische Recht steht und identifiziert Änderungsbedarf. Die Handlungsempfehlungen bieten Unternehmen, vom Start-up bis zum Konzern, einen Überblick zur aktuellen Rechtslage.

Ergebnis 1: Überblick, wo Industrie 4.0 Auswirkungen auf das Recht hat

Ob neue Formen der (kollaborativen) Zusammenarbeit, ob Datenverarbeitung oder Aufgabenerfüllung durch Maschinen: Die Änderungen, die Industrie 4.0 mit sich bringt, haben auch Auswirkungen auf den rechtlichen Rahmen in unserer Arbeits- und Wirtschaftswelt. Deshalb hat die Arbeitsgruppe Ergebnispapiere veröffentlicht, die systematisch die Felder der Industrie 4.0 beleuchten, in denen das Recht heute oder morgen vor Herausforderungen steht. Von Zivilrecht über Datenschutz bis hin zu Arbeitsrecht wird deutlich, wo bestehendes Recht wie greift und wo es Handlungsbedarf für Unternehmen und die Politik gibt

Ergebnis 2: Dürfen wir noch kooperieren? Der kartellrechtliche Rahmen bei datenbasierten Kooperationen

Digitale Märkte verändern die Zusammenarbeit von Unternehmen: Durch immer neue Möglichkeiten zur Nutzung und Austausch von Daten können Partner schnell zu Wettbewerbern werden. Dadurch ergeben sich neue Fragen:

  • Wer darf mit wem und unter welchen Bedingungen kooperieren?
  • Welche Bedeutung hat der Zugriff auf Daten für Marktmacht und wann liegt hier ein Missbrauch vor?
  • Wer ist für das kartellrechtlich relevante Verhalten von selbstlernenden Systemen verantwortlich?
  • Welche Herausforderungen bringen B2B-Plattformen mit sich?

Diesen Fragen geht die Arbeitsgruppe in ihrer Publikation zu kartellrechtlichen Betrachtungen auf den Grund. Eine Kurzfassung gibt einen schnellen Überblick über die wichtigsten Ergebnisse.

Ergebnis 3: Analyse zur Bedeutung der Blockchain-Technologie

Die dezentrale Blockchain-Technologie ist prädestiniert für den internationalen Einsatz, gerade auch in der Industrie 4.0. Die geltenden Rechtsordnungen sind national strukturiert und gelten nur im jeweiligen Staatsgebiet. Eine internationale Vereinheitlichung ist bislang kaum umgesetzt, wie etwa teilweise in der Europäischen Union.


Für die Teilnahme an und Aktivitäten im Rahmen einer Blockchain ist daher zu klären, welche nationalen Rechtsnormen für die Gültigkeit und Wirksamkeit von Aktivitäten sowie deren Auswirkungen gelten. In einem Arbeitspapier widmet sich die Arbeitsgruppe „Rechtliche Rahmenbedingungen“ der Plattform Industrie 4.0 diesem Thema.

Ergebnis 4: Analyse zur Bedeutung Künstlicher Intelligenz für das aktuelle Recht

Künstliche Intelligenz ist in der Gegenwart angekommen. In immer mehr Bereichen entlastet intelligente Technik den Menschen oder ersetzt ihn sogar. Doch lassen sich die bestehenden Rechtsnormen auf diese neue Technologie anwenden? In ihrem Ergebnispapier geht die Arbeitsgruppe „Rechtliche Rahmenbedingungen“ dieser Frage in folgenden Bereichen nach: Künstliche Intelligenz und Rechtspersönlichkeit, Künstliche Intelligenz und Datenzugang sowie -schutz, Haftung, KI-generiertes IP, Arbeitsrecht, IT-Sicherheit und KI.

Ziele: Rechtssicherheit schaffen und neue Trends rechtlich bewerten

Übergeordnetes Ziel der Arbeitsgruppe ist es, die Herausforderungen von Industrie 4.0 juristisch zu analysieren und Unternehmen durch Handlungsempfehlungen auf dem Weg in die Digitalisierung Rechtssicherheit zu geben. Dazu wollen die Juristinnen und Juristen aus der Arbeitsgruppe folgende Maßnahmen angehen:

  • Aktuelle Handlungsempfehlungen zu den wichtigsten juristischen Fragen aus dem Industrie 4.0 Umfeld publizieren
  • Neue, agile Kommunikationsformate mit juristischem Content etablieren, um in einen Dialog der juristischen Fach-Community mit Industrie 4.0 Unternehmen zu kommen
  • Entwicklung und Durchführung von Unterstützungsformaten für alle Unternehmen, die mit Ihrem Unternehmen den Weg in eine Industrie 4.0 gehen – z. B. Workshops und Webseminare

Arbeitsstrukturen: Das gebündelte Rechtswissen der Plattform

Die digitalisierte Industrie hält nicht still – die knapp 50 Expertinnen und Experten der Arbeitsgruppe haben die Entwicklungen deshalb stets im Blick. In sechs thematischen Unterarbeitsgruppen tauschen sie sich regelmäßig aus und geben ihre Empfehlungen. Zusätzlich treffen sie sich viermal im Jahr, um ihre Arbeit zusammenzuführen und an ihrer gemeinsamen Vision zu arbeiten.

Ein Kernelement der Industrie 4.0 ist die automatisierte und vernetzte Vertragsanbahnung und -durchführung ohne menschliches Zutun. Das im Rahmen der Plattform Industrie 4.0 durchgeführte Projekt „Recht-Testbed“ verprobt hierzu Softwarelösungen unter realen Testumgebungen. In diesem Pilotprojekt sollen Empfehlungen erarbeitet werden. Denn durch Vernetzung und Automatisierung kann eine enorme Senkung der Transaktionskosen erreicht werden. Das stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der Beteiligten und kann zu größeren Märkten führen.

Die Schwerpunktthemen sind:

  • Zivilrecht / Zivilprozessrecht
  • IT-Sicherheitsrecht / Datenschutzrecht
  • Produkthaftungsrecht / Produktsicherheitsrecht
  • IP-Recht
  • Arbeitsrecht
  • Kartellrecht
  • Recht-Testbed